Es ist Juli, eine laue Sommernacht. Gerade habe ich den Anruf eines werdenden Vaters erhalten, dem ich schon seit Tagen entgegengefiebert habe: „Es geht los, kannst du bitte kommen?“. Da die Entbindungsklinik ganz in meiner Nähe liegt, schwinge ich mich mit meiner Doula-Tasche auf mein Fahrrad und stehe zwanzig Minuten später neben der Geburtswanne, in der die werdende Mama die ersten Wehen noch gut veratmet. Sie macht kurz die Augen auf, lächelt und sagt: „Gut, dass du da bist. Jetzt kann ich mich voll und ganz entspannen.“ In den nächsten Stunden erleben wir alle zusammen, einschließlich der wunderbaren Hebamme, eine kraftvolle, selbstbestimmte und sanfte Geburt, ohne medizinische Eingriffe oder die Gabe von Schmerzmitteln. Wenn mich am Ende die Mama anstrahlt und aus tiefstem Herzen sagt: „Ohne dich hätte ich das niemals geschafft!“, dann weiß ich einmal mehr, wie sinn- und wertvoll meine Arbeit als Doula ist.
Diese Frau fühlte sich rundum getragen und gestützt, was ihr geholfen hat, sich voll und ganz für ihr Kind zu öffnen, zwischen den Wellen zu entspannen und neue Kraft zu tanken. Und das verhalf auch dem Baby zu einem wunderbaren Start ins Leben. Denn “es ist nicht egal, wie wir geboren werden“ (Michel Odent, Geburtsmediziner) – und auch nicht, wie wir gebären. Inzwischen kommt die Wissenschaft immer mehr zu dem Schluss, dass viele Verhaltensauffälligkeiten (z.B. ADHS) und Krankheiten ursächlich mit der Art zusammenhängen, mit der ein Kind das Licht der Welt erblickt und auch damit, ob sofort das so wichtige Bonding hat stattfinden können.
Viele Frauen leiden noch Jahre später unter den Folgen traumatischer Geburtserlebnisse. Eine 1:1-Betreuung durch eine erfahrene Doula kann nachweislich solche Folgen verhindern, selbst wenn eine Geburt nicht so verläuft, wie gehofft.
Das Wort „Doula“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „Dienerin der Frau.“ Sie hat in der Regel eigene Geburtserfahrung, sollte mindestens 25 Jahre alt sein und eine gründliche Ausbildung in einer anerkannten Institution durchlaufen haben. Eine gute Doula bildet sich regelmäßig fort, um beim Thema Schwangerschaft und Geburt stets auf dem neuesten Stand zu sein.
Ausbildung, Mindestalter, eigene Geburten oder die Zugehörigkeit zu einem Verein sind keine Voraussetzung, es gibt auch „freie“ Doulas, die völlig unabhängig arbeiten.
Vereine haben Regeln und (z.B. Doulas in Deutschland) einen Doula-Kodex, nach denen sich jedes Mitglied richtet, damit ein gewisser Qualitätsstandard gesichert ist.
Die Doulas sind untereinander sehr gut vernetzt.
Zu Zeiten überwiegender Hausgeburten war es selbstverständlich, dass der Gebärenden eine oder mehrere vertraute Frauen bei der Geburt zur Seite standen. Heute muss in der Klinik eine Hebamme in der Regel mehrere Entbindungen gleichzeitig betreuen, was dazu führen kann, dass die werdende Mutter bzw. werdenden Eltern über längere Zeit alleine mit den Herausforderungen der Wehen und den damit verbundenen Gefühlen zurechtkommen müssen. Sie lernen die Hebamme(n) meist erst im Krankenhaus kennen. Haben sie sich gerade an eine gewöhnt und kommen gut mit ihr zurecht, kann es sein, dass, weil Schichtwechsel ist, plötzlich ein neues Gesicht im Geburtszimmer auftaucht und sich als die nächste Geburtshelferin vorstellt. Im Zweifelsfall fühlt sich die Gebärende mit der „Neuen“ gar nicht mehr wohl, weil sie eine völlig andere Art des Umgangs mit ihr hat, als die Vorgängerin.
Mit einer Doula hast Du von Anfang bis Ende der Geburt eine vertraute Frau an Deiner Seite, deren einzige Aufgabe es ist, für Dein Wohlergehen zu sorgen.
Was sind die Unterschiede zwischen einer Doula und einer Hebamme?
Hebammen und Doulas begleiten Dich auf deiner Geburtsreise; jede mit ihrer speziellen Kompetenz, Erfahrung und dem Wunsch, das Beste für dich und dein Baby zu geben.
Die Hebamme
– hat weitgehende medizinische Befugnisse
– in der Klinik unterliegt den Leitlinien der jeweiligen Einrichtung
– wird von der Krankenkasse bezahlt
– darf Geburten selbstständig – ohne Anwesenheit eines Arztes begleiten (z.B.
Hausgeburten)
– führt Schwangerenvorsorge und Wochenbettbetreuung durch
– trägt eine sehr hohe Verantwortung und zahlt dafür immense
Versicherungskosten
Die Doula
– darf keinerlei medizinische Untersuchungen bzw. Anwendungen durchführen
– unterliegt nicht den Leitlinien der Kliniken, verhält sich aber respektvoll und
zurückhaltend gegenüber dem jeweiligen Geburtsteam.
– bietet eine Privatleistung, die nicht von den Krankenkassen übernommen wird.
– die einen Ethikcode (dieser Link ist vertrauenswürdig, er führt auf die Seite von „Doulas in
Deutschland“) unterschrieben hat, begleitet keine Alleingeburten
– unterstützt hauptsächlich emotional, informiert, klärt auf und handelt immer in
Deinem Sinne
Hebammen und Doulas können sich wunderbar ergänzen, um einer Frau ein selbstbestimmtes, zuversichtliches und möglichst natürliches Geburtserlebnis zu ermöglichen.
Es ist inzwischen wissenschaftlich bewiesen, dass die Geburtsreise sich teilweise erheblich verkürzt, weniger Scherzmittel verlangt werden, weniger medizinische Interventionen nötig werden, und die Ankunft des Babys entspannter und positiver wahrgenommen werden kann, wenn die Frau lückenlos liebevoll und kompetent bei allem begleitet wird (s. Cochrane Studie 2017)
Die Doula ist wie eine mütterliche Freundin; hört sich Deine Sorgen und Ängste an; beantwortet Deine Fragen und versorgt Dich mit wichtigen Adressen. Während der Begleitung ist sie immer für Dich erreichbar, geht auf Wunsch mit Dir zur Klinikbesichtigung oder zum Frauenarzt.
Unter der Geburt gibt sie Dir die Unterstützung, die Dir guttut und so viel, wie Dir angenehm ist.
Deine Doula bereitet Dich und Deinen Partner optimal auf die Geburt vor, klärt auf, informiert, erstellt mit Dir eine Geburtswunschliste, die Du in die Klinik mitnehmen kannst. Wenn Du es magst, singt, tanzt oder bastelt sie mit Dir (z.B. eine Geburtskerze, ein Geburtsarmband, einen Glücksbringer). Sie massiert Dich, meditiert mit Dir, zeigt dir Atemübungen und Geburtspositionen, alles nach Deinen Wünschen.
Zehn bis einundzwanzig Tage (das hängt vom jeweiligen Vertrag ab) vor dem errechneten Geburtstermin bis einige Zeit danach ist die Doula für Dich Tag und Nacht in Rufbereitschaft. Während der Zeit Eurer Zusammenarbeit kannst Du sie jederzeit kontaktieren, wenn Du Fragen, Sorgen oder Ängste hast.
Unter der Geburt ist sie ab dem Zeitpunkt durchgehend bei Dir, ab dem Du es wünschst. Sie sorgt für eine möglichst angenehme Atmosphäre im Geburtsraum, macht Dir Mut, atmet mit Dir, läuft mit Dir herum und probiert mit Dir die angenehmste Haltung aus. Sie massiert Dich, achtet darauf, dass du ausreichend trinkst, trocknet Tränen und stärkt natürlich auch den werdenden Vater.
Sie gibt Dir und Deinem Partner ausreichend Raum für Intimität und zieht sich zurück, wenn Du Deine Ruhe haben möchtest; ist aber immer in Nähe, sobald Du nach ihr verlangst.
Die Doula hilft Dir, damit umzugehen, wenn die Geburt nicht so verläuft, wie Du es Dir erträumt hast. Auch eine Bauchgeburt kann Dir in guter Erinnerung bleiben, wenn Du die richtige Unterstützung dabei erfährst. Deine Geburtsbegleiterin stellt sicher, dass das so wichtige Bonding durch körperliche Nähe in allen Situationen stattfindet und bleibt an Deiner Seite, bis Du rundum gut versorgt und zufrieden bist.
Auf Wusch macht Deine Begleiterin Fotos oder auch einen Farbabdruck Deiner Plazenta.
Nach der Geburt kommt Deine Doula zu Dir nach Hause. Sie schaut nach, ob es Dir und dem Baby gut geht und gibt Dir, wenn gewünscht, ein paar Hilfestellungen und Tipps. Ihr könnt in aller Ruhe noch einmal Deine Geburtsreise Revue passieren lassen. Zur Erinnerung überreicht Dir die Doula in der Regel einen schön gestalteten Geburtsbericht.
Wenn Du mehr Hilfe brauchst, ist deine Begleiterin auch im Wochenbett für Dich da. Sie hilft Dir, wieder zu Kräften zu kommen, bei Unsicherheiten mit dem Baby und erledigt auch mal kleinere Arbeiten im Haushalt.
Manche Doulas organisieren Blessingway-Feiern, Closing-Zeremonien oder ähnliche Rituale. Viele haben zusätzliche Qualifikationen, mit denen sie Dich ergänzend unterstützen können. Diese Leistungen gelten dann allerdings meist nicht als Doula-Leistungen und werden gesondert berechnet.
Ich kann nur jeder werdenden Mutter empfehlen, sich eine Doula zu leisten. Wie oft bekomme ich von Müttern zu hören: „Ich wünschte, ich hätte jemanden wie dich an meiner Seite gehabt. Damals habe ich mich so allein gelassen gefühlt.“ Oder auch: „Ich habe meine Würde an der Kreißsaaltür abgeben müssen.“
Der Rundum-Service einer Doula kostet etwa zwischen 600 und 1.000 Euro. Jede Geburtsbegleiterin legt ihre Preise selbst fest, unter anderem abhängig von der Region, in der sie tätig ist.
Du findest das teuer? Bedenke bitte, dass eine Doula monatelang für dich tätig ist, während der Rufbereitschaft keine weiteren Aufträge annimmt und vielen Aktivitäten (wie Kinobesuche, Reisen usw.) nicht nachgehen kann, dass sie nachts oberflächlicher schläft, je näher der errechnete Termin rückt und dass sie bei dir bleibt, egal, wie lange die Geburt dauert. Da sind schon mal 30 Stunden und mehr möglich. Dazu kommen noch Fahrt- und Materialkosten, Zeit für die Dokumentation, das Erstellen des Geburtsberichtes und Anfertigen bzw. Besorgen kleiner Geschenke. Sie ist immer für dich erreichbar, besucht Fortbildungen, um immer auf dem neuesten Stand in Sachen Schwangerschaft und Geburt zu sein.
Wenn Du Dir die Begleitung durch eine Doula wünschst, es Dir aber nicht so einfach leisten kannst, sprich mit ihr. Es gibt viele Lösungen. Bei „Doulas in Deutschland“ (DiD) kann über eine zertifizierte Geburtsbegleiterin ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt werden. Auch Ratenzahlungen sind in den meisten Fällen möglich. Und noch ein Tipp: „Wünsche Dir von Freunden, Kollegen, Bekannten und Freunden doch einen Zuschuss für diesen Service.“ Das ist oft viel sinnvoller als die übliche Windeltorte, der zwanzigste Body oder Schnuller. Auf meiner Website z.B. können Gutscheine für meine Leistungen direkt erworben werden.
Hier findest Du eine Doula in Deiner Nähe:
www.doulas-in-deutschland.de www.gfg-bv.de www.doula-info.de
Vielen Dank, an Anke Wosu HP-Psychotherapie Doula – Geburtsbegleitung www.anke-wosu.de
Fotocredit:
Foto mit Rebozo-Tuch: Inken Arntzen, Gebärmütter, Fotos: Eila Lifflander – Family Photographer